Bandscheibenvorfall

Wenn die Bandscheibe den Nerv trifft

Bandscheiben sind die Stoßdämpfer unserer Wirbelsäule. Dank ihrer Flexibilität ist unser Rücken beweglich. Durch einseitige Belastungen, mit zunehmendem Alter oder durch Verschleiß verändern sich die Bandscheiben jedoch. Es kann zu einem Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) kommen: Der Gallertkern der Bandscheibe verrutscht und kann im schlimmsten Fall auf die am Rückenmark entspringenden Nervenwurzeln drücken. Wir informieren über Ursachen und Folgen, welche Maßnahmen helfen und wann eine Operation notwendig ist.


Bilddarstellung der Wirbelsäule mit Schmerzbereichen

Symptome – Wie äußert sich ein Bandscheibenvorfall?

Ein Bandscheibenvorfall kann unbemerkt bleiben, aber auch zu starken Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder Lähmungen führen. Schätzungsweise 1 bis 2 Prozent aller Menschen bekommen in ihrem Leben irgendwann einmal Rückenschmerzen, die durch einen Bandscheibenvorfall verursacht wurden. Am häufigsten tritt ein Bandscheibenvorfall im mittleren Lebensalter zwischen 30 und 50 Jahren auf.

Typische Beschwerden bei einem Bandscheibenvorfall

Ob und welche Beschwerden bei einem Bandscheibenvorfall auftreten, hängt davon ab, auf welcher Höhe der Bandscheibenvorfall liegt und ob Nervenstrukturen beteiligt sind:

  • Ein Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelbereich kommt am häufigsten vor und ist meist zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel oder dem 5. Lendenwirbel und dem 1. Steißbeinwirbel lokalisiert. Es kann dann zu Schmerzen kommen, die in das Bein und den Fuß ausstrahlen (Ischiasschmerzen).
  • Ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule (zervikaler Bandscheibenvorfall) geschieht meist zwischen dem 5. und 6. oder dem 6. und 7. Halswirbelkörper. Es können Schmerzen auftreten, die in den Nacken und die Arme ausstrahlen.
  • Bandscheibenvorfälle im Bereich der Brustwirbelsäule (thorakaler Bandscheibenvorfall) sind selten. Es können dann örtlich begrenzte Rückenschmerzen auftreten, die meist nicht ausstrahlen.

Drückt ein Bandscheibenvorfall auf das Rückenmark, können intensive Schmerzen im Bein oder den Armen, Gefühlsstörungen („Ameisenlaufen“, Kribbeln, Taubheit), Blasen- und Darmentleerungsstörungen oder gar Lähmungen die Folge sein. Hier ist ein sofortiger Arztbesuch notwendig.


Behandlung – Nur in Einzelfällen muss operiert werden

Meist klingen die Beschwerden nach einem Bandscheibenvorfall im Zeitraum von etwa 6 Wochen von selbst wieder ab. Die Schmerzen können während dieser Zeit durch entsprechende Medikamente gelindert werden. Beschwerden, die länger als 6 Wochen andauern, bleiben allerdings meist bestehen. Dann müssen andere therapeutische Maßnahmen ergriffen werden. In einigen wenigen Fällen muss gegebenenfalls auch eine Operation in Betracht gezogen werden.


Hausmittel bei einem Bandscheibenvorfall

Die konservative (nicht-operative) Therapie eines Bandscheibenvorfalls besteht aus schmerzlindernden Maßnahmen und aus Schonung für wenige Tage, eventuell in Kombination mit einer Stufenbettlagerung, um die Lendenwirbelsäule zu entlasten. Dabei liegt der oder die Betroffene mehrmals täglich auf dem Rücken und platziert die Beine im rechten Winkel auf einem Polster oder ähnlichem. Wärmeanwendungen in Form von Wärmekissen, Rotlicht, Fango- oder Moorpackungen sind hilfreich, um schmerzbedingte Muskelverspannungen zu lösen. Schonung heißt jedoch nicht Bettruhe, denn Bewegung ist wesentlicher Bestandteil der Therapie.

Medikamente bei einem Bandscheibenvorfall

Zu Beginn eines Bandscheibenvorfalls sind oftmals schmerz- und entzündungs-hemmende Mittel notwendig, um eine gewisse Beweglichkeit zu ermöglichen. In hartnäckigen Fällen können auch Betäubungsmittel oder Kortisonpräparate neben die eingeengte Nervenwurzel oder das Rückenmark gespritzt werden.

Zur unterstützenden Behandlung von Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall steht Ihnen von ratiopharm ein lokal wirksames Schmerzgel zur Verfügung:



Schon gewusst?


Nach modernen Erkenntnissen ist eine längere Bettruhe nach einem Bandscheibenvorfall meist nicht zu empfehlen.1 Um sich zu regenerieren, brauchen die Bandscheiben sowohl Ruhe als auch Bewegung. Bei Bewegung verlieren die Bandscheiben Flüssigkeit. Bei Ruhe nehmen sie wie ein Schwamm Wasser und Nährstoffe aus dem umgebenden Gewebe auf. Es gilt also – nach ärztlicher Rücksprache – Unbeweglichkeit zu vermeiden und möglichst bald wieder leichte Alltagsaktivitäten aufzunehmen.

  


Wann sollte man ärztlichen Rat einholen?

Suchen Sie umgehend ärztlichen Rat, wenn

  • die Schmerzen stark und andauernd sind
  • die Schmerzen in das Bein oder den Arm ausstrahlen
  • Sie Empfindungsstörungen („Ameisenlaufen“, Taubheit) an Gesäß oder Oberschenkeln haben
  • Schwäche in den Beinen oder Lähmungen auftreten
  • es zu Funktionsstörungen von Blase oder Darm kommt, z. B. Harn- oder Stuhlinkontinenz

In diesem Fall kann es sich um das „Kaudasyndrom“ handeln, das einen medizinischen Notfall darstellt, der schnellstmöglich behandelt werden muss. Eine Operation sollte am besten innerhalb weniger Stunden nach dem ersten Auftreten der Beschwerden erfolgen, andernfalls besteht die Gefahr bleibender Schäden.
  


Wann ist eine Operation notwendig?

Eine Operation kann notwendig werden, wenn konservative, also nicht-operative Methoden nicht ausreichen oder bei Vorliegen des sogenannten „Kaudasyndroms“. Diese schwere Form des Bandscheibenvorfalls im Bereich der unteren Wirbelsäule kann sich in Lähmungserscheinungen, Blasen- und Darmentleerungsstörungen oder in Sensibilitätsstörungen an Gesäß oder Oberschenkeln äußern – sie muss umgehend medizinisch behandelt werden.

Im Falle einer Operation werden heutzutage meist mikrochirurgische Verfahren eingesetzt. Dabei werden die Teile des Gallertkerns und der Bandscheiben entfernt, die auf das Rückenmark drücken.

Essenziell sind anschließende Rehabilitationsmaßnahmen, um die Stützmuskulatur des Rückens zu trainieren.




Ursachen – Wie kommt es zu einem Bandscheibenvorfall?

Die menschliche Wirbelsäule besteht aus insgesamt 24 Wirbeln und 23 Bandscheiben. Die Bandscheiben sitzen wie Stoßdämpfer zwischen den Wirbelkörpern. Nur zwischen dem 1. und 2. Halswirbel befindet sich keine Bandscheibe. Die Bandscheiben bestehen im Inneren aus einem weichen und elastischen Gallertkern und außen aus einem harten Faserring.
   

Abb Bandscheibenvorfall

Mit zunehmendem Alter verschleißt der Gallertkern und verliert an Elastizität. Auch der Faserring wird im Laufe der Zeit immer brüchiger und kann einreißen. Bei starker Belastung kann der Gallertkern verrutschen und auf den Faserring drücken (Vorwölbung bzw. Protrusion) oder diesen durchbrechen (Vorfall bzw. Prolaps).

Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall:

  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • schwache Bauch- und Rückenmuskeln
  • langes Sitzen
  • Fehl- oder Überbelastungen der Wirbelsäule, z. B. beim Heben schwerer Gegenstände
  • Arbeiten in gebeugter Haltung, z. B. als Bodenleger
  • Verletzungen, z. B. durch einen Treppensturz oder Verkehrsunfall


Ärztin betrachtet ein Röntgenbild von der Wirbelsäule

Diagnose – Wie erkennt man einen Bandscheibenvorfall?

Meist ergibt sich der Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall schon bei der Beschreibung der typischen Beschwerden. Wesentlich für die Diagnosestellung sind zudem die Krankengeschichte, eine ausführliche körperliche Untersuchung sowie die Ergebnisse von bildgebenden Verfahren.

Bei der körperlichen Untersuchung werden zunächst die Sensibilität im betroffenen Bereich, die Muskelkraft sowie die Reflexe geprüft. Insgesamt versucht der Arzt oder die Ärztin, den Ort des Bandscheibenvorfalls einzugrenzen.

Für die Diagnose Bandscheibenvorfall sind bildgebende Verfahren wie eine Computer- oder Magnetresonanztomografie (CT oder MRT) selten notwendig. Diese Verfahren werden nur dann eingesetzt, wenn die Beschwerden ungewöhnlich stark oder lang anhaltend sind, um andere Ursachen auszuschließen.


Rückenübungen mit einer Sportgruppe

Vorbeugung – Einen Bandscheibenvorfall verhindern

Durch regelmäßige Bewegung können Sie viel dazu beitragen, einem Bandscheibenvorfall vorzubeugen. Gleichzeitig sollten Sie einseitige und zu starke Belastungen vermeiden.

  • Lassen Sie sich von einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin spezielle bandscheibenfreundliche Übungen zeigen, die Rücken- und Bauchmuskulatur stärken. Diese Übungen sollten Sie anschließend regelmäßig selbst durchführen (z. B. mithilfe der App „Rückenschule“).
  • Suchen Sie sich eine Sportart, die Ihnen guttut. Als bandscheiben-freundliche Sportarten gelten Ausdauer-Sportarten wie Nordic Walking, Rückenschwimmen, Kraulschwimmen, Skilanglauf und Tanzen.
  • Weniger gut geeignet sind Sportarten, die zu Stauchungen oder abrupten Drehbewegungen der Wirbelsäule führen, wie zum Beispiel Tennis, Squash, Skiabfahrt, Turnen, Kegeln, Bodybuilding oder Gewichtheben.
  • Achten Sie beim Sitzen am Arbeitsplatz auf eine richtige Sitzhaltung und stehen Sie zwischendurch öfter mal auf und dehnen Sie sich.
  • Achten Sie beim Heben und Tragen von schweren Gegenständen auf rückenfreundliche Bewegungen, das heißt beim Heben in die Knie gehen und dann mit geradem Rücken aufrichten.

 

Sie suchen weitere Anregungen und Übungen für einen starken Rücken? Lesen Sie hier nützliche Tipps, wie Sie rückenschonend durch den Alltag kommen.



Quellen:
1 S2k-Leitlinie Konservative, operative und rehabilitative Versorgung bei Bandscheibenvorfällen mit radikulärer Symptomatik, abrufbar unter www.register.awmf.org/assets/guidelines/033-048l_S2k_Konservative-operative_rehabilitative-Versorgung-Bandscheibenvorfall-radikulae_2021-06_01.pdf

MULTI-DE-04759
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